Wer hätte das gedacht. Das vorletzte Event der Saison war eine der spannungsgeladensten Veranstaltungen seit langem. Was aber mehr an der modernen Batterietechnik als am Verlauf lag. Denn auf dem Programm stand „Segway-Cross“. Die stolzen 12-Kämpfer zu Lübeck waren angetreten um auszumachen, wer einen modernes, einachsiges und elektrisch betriebenes Fortbewegungsmittel am schnellsten über Stock und über Stein bewegen kann. Doch „kann“ kommt von Können – und das spielte leider nur eine untergeordnete Rolle. Weder Balance noch Rennerfahrung zahlten sich aus, auch nicht Geschicklichkeit oder Körperbeherrschung. Es war eher die Mischung aus einer Prise Zurückhaltung und ganz viel Glück. Und das raubte diesem Event viel vom Charme und dem großen Potential, das in der Idee, in den Rahmenbedingungen und in der Vorbereitung lag.
Immerhin hatte der Segway-Verleih „Tobi´s“ aus Scharbeutz (im zweiten Anlauf – aber Schwamm drüber) tief im Kammerwald bei Timmendorfer Strand einen hervorragenden, etwa 250 Meter langen Cross-Parcours abgesteckt. Es ging tief ins Unterholz, hinweg über knorrige Wurzeln, durch loses Laub, dicht an Bäumen vorbei und wieder zurück über kleine Pfade mit tiefen, matschigen Furchen. Dazwischen eine Handvoll Hindernisse wie Wippen, Waschbretter, Rampen und Slalom-Abschnitte. Dass ein derartig herausfordernder Trail überhaupt mit einem Segway zu befahren ist, hätte kaum jemand gedacht. Und er war es auch nicht, wie sich alsbald herausstellen sollte. Jedenfalls nicht im Renntempo – was prinzipiell aber gar nicht an der Technik lag, sondern viel mehr an der Programmierung dahinter. Denn die Steuerungssoftware der Segways ist so programmiert, dass die Geräte in einen sogenannten „Schildkröten“-Modus fallen, sobald die Erschütterungs-Impulse ein bestimmtes Maß erreichen.
Wo genau dieses Maß liegt, blieb bis zum Ende ein genauso ungelöstes Rätsel wie die Frage, warum die Jungs von Tobi´s ein solches Rennen dann überhaupt im Wald anbieten. Jedenfalls legten alle 12-Kämpfer einen furiosen Start hin und beschleunigten umgehend auf waghalsige Geschwindigkeiten, um früher oder später von der ominösen Schildkröte auf Zeitlupentempo abgebremst zu werden. Am Ende kam jeder 12-Kämpfer schleichend und schimpfend unter dem Gelächter der Übrigen ins Ziel. Nur wenigen war das Glück zuteil, zwischendurch auch wieder von der Zwangsbremse befreit zu werden. Die meisten jedenfalls erreichten das Rundenende mit einer Körperhaltung, die an Superman im Altenheim erinnerte: enome Rücklage, frustverzerrtes Gesicht und ein krampfhaft ausgestreckter Arm für die notdürftigen Restbalance. Ein Bild, das stellvertrended für die Situation war: Das moderne Segway-tum ließ den 12-Kampf Lübeck ein zweites Mal am langen Arm verhungern.
Da gerade die schnellsten Piloten ihr Gerät am intensivsten durchrüttelten – und damit am frühesten von der Technik eingebremst wurden, entstand auch auf der Rangliste ein kurioses Bild: Hohe Favoriten wie die beiden Motorsport-Experten Markolo und Rocco oder Tea, landeten auf hinteren Plätzen. Und auch der Renn-Gedanke war damit schlichtweg auf den Kopf gestellt. Schnell lagen die Nerven blank, Motivation und Spaß sanken auf ein Minimum, allen voran Laxers Laune – was mehr als verständlich war. Immerhin war er der große Verlierer dieses Events. Noch mit großen Chancen in das finale Titel-Duell mit Mikka gestartet, machte der Schildkröten-Skandal seine Chancen schnell zunichte und griff damit nicht unerheblich auch in die Meisterschaftsentscheidung der Saison 2016/2017 ein. Die Sieger dieser kuriosen digital-elektrischen Schlacht tief im Herzen der analogen Natur seien daher nur summarisch notiert: Bär auf Platz 1, gefolgt von Mikka (2. Platz) und Gunman (3. Platz). Wir freuen uns vor allem darüber, dass sich auch trotz atemberaubender Stürze niemand verletzt hat und möchten den Jungs von Tobi´s an dieser Stelle zurufen: Mach die verdammte Schildkröte platt – und lass uns dann nochmal richtig in den Wald!