Der Norddeutsche gilt gemeinhin als maulfaul und das ist er auch. Vor allem lautstarker Streit wird hierzulande nicht gern gehört. Um einen zünftigen Ehekrach wortkarg, aber trotzdem lautstark zu zelebrieren, hat sich deshalb mancherorts die Kultur des Haushaltsgerätewurfs etabliert. Dieser ermöglicht nicht nur einen ganzen Blumenstrauß an Emotionen zu kommunizieren, man vermag auch Nachbarn und anderen Interessierten nonverbal den Grund des aktuellen Zerwürfnisses mitzuteilen: Fliegende Teller… Fliegende Autoteile… Fliegende Mikrowelle…

So selbsterklärend und mitteilsam die Methode, so kritisch die Nachbarn. Beim Haushaltsgerätewurf muss auch die Weite stimmen. Wer hier schwächelt sieht sich nicht selten einer Mauer vorwurfsvollen Schweigens gegenüber.

Der (Hoch)Leistungsabfall und seine Disziplinen.

Dem Sport und der Tradition verpflichtet, trafen sich am 9.5.2019 zehn zurückgebliebene 12-Kämpfer (Also praktisch alle, die sich nicht rechtzeitig ins Ausland absetzen konnten) auf dem Gelände der LSH.

LSH steht für Lübecker Schrotthandel GmbH und an diese wendet man sich entweder, wenn man einen U-Bahnwagon in einen mundgerechten Würfel gepresst haben möchte, oder eine eindrucksvolle Kulisse für den Haushaltsgerätewurf benötigt.

An dieser Stelle geht höchster Dank an Herrn Tabel von der LSH, der uns so unbürokratisch wie tiefenentspannt dieses eindrucksvolle Gelände zur Verfügung gestellt hat. Doch nun zum ganz großen Sport und seinen Disziplinen:

 

Tellerwurf:

Man nehme einen Teller und pfeffere ihn so hart wie geht in die Gegend…

Weit gefehlt.

Aus dem Stand heraus musste die Keramikscheibe in einen vorgegebenen Korridor geworfen werden. Hier war also nicht nur Kraft gefragt, sondern auch richtungsweisendes Feingefühl und strategisches Geschick. (Sicher ist sicher, oder alles oder nichts oder…)

Der Laie mag denken, dass ein Teller ähnliche Flugeigenschaften wie ein Frisbee aufweist und so ist es auch. (Wobei das eine oder andere Blumenornament zum Strömungsabriss führen kann, wie ElUffo mit einer Erstweite von 3,44 Metern eindrucksvoll zu beweisen wusste.)

Grundsätzlich flogen die Teller weit und nicht selten weit über die Randmarkierung hinaus. Stets verfolgt von den scharfen Augen der beiden ehrenwerten Linienrichter "Limbo" und "Drei Pinguine", die dank Vernachlässigung ihrer Helmpflicht auch unter Lebensgefahr einen kühlen Kopf behielten. Zwei Würfe durften durchgeführt werden, wobei nur der Weiteste gewertet wurde.

Frei nach dem Motto "Warum zu einem Polterabend gehen, wenn ich die Keramik auch von hier werfen kann", zeigte Bär seinen Gegenspielern, wo Meister Petz die Locken hat und erwarf einen Etappen-Siegweite von 25 Metern.

 

 

Profilreifenwurf

Ungebremst ging es weiter mit dem klassischen Profilreifenwurf. Die LSH hatte zwei Radmäntel zur Verfügung gestellt. Die Athleten waren angehalten diese im Rahmen des bereits erwähnten Korridors in die Weite zu werfen. Dieses mal jedoch nicht zwingend aus dem Stand, sondern aus dem vorgegebenen Bewegungsradius in Form eines Kreidekreises mit dem offiziellen Wettkampfdurchmesser von ca. einem Meter. Die Werte beider Würfe wurden addiert und ergaben das Gesamtergebnis. An dieser Stelle will die Leistung von IIIπ gewürdigt werden, der das Gummi optisch am schönsten schleuderte, dessen Hochleistung jedoch aufgrund grob fahrlässigen Übertretens (um etwa 3Meter) nicht in die Wertung einfloss. Die Siegermarke setzte hier, um Reifenbreite, G-Man mit einer Weite von 23,23 Metern.

 

 

Besenstielwurf

Beim Besenstielwurf wird zweimal aus dem Stand geworfen. Der weiteste Wurf zählt.

Bei genauer Betrachtung waren es zwei Stile, die gegeneinander antraten: Klassisch Griechisch und ein von ElPadrino etablierter Vertikalpropellerwurf. Letzterer war so überlegen wie kontrollfrei.

Als erfahrene Mikado-Veteranen schafften es die Kampfrichter aber auch hier aus so manch brenzlicher Situation unverletzt hervorzugehen.

Mit diesem ihm eher unbekannten Gerät ("Besen? Wie schaltet man den ein?") blieb Bär mit einer Weite von 4,44 Metern knapp hinter Rocco, der die Konkurrenz mit 21,66 Metern vom Platz fegte.

 

Schrottplatz Surprise

Die sehr sehr gut aussehenden Interims-Ausrichter des Turniers mögen alles, was im Dunkeln glüht. So überrascht es nicht, dass die Wahl der nächsten Wurfware auf ein Fass unbekannter Herkunft fiel, welches im Zuge eines visionären Geniestreichs ad hoc zum Haushaltsgerät umklassifizert wurde. (Wir bräuchten keine Endlager, wenn in Zukunft jeder einen Castorbehälter zu Hause hätte.)

Gewertet wurde hier "Best of One" – also ein Wurf ein Wert. Hier war es Laxer, der die Tonne scheppernd auf die 4,83 Meter Siegmarke knallte.

 

Computer

In Ermangelung einer Mikrowelle wurde den Hanseatischen Kraftmeiern nun etwas fürs Köpfchen an die Hand gegeben: Ein formschöner Personalcomputer. Diesen galt es (Überraschung) so weit wie möglich zu werfen: Einmal, zack fertig, Wertung.

Hier durfte sich aufgestauter PC-Frust aus Jahrzehnten Bahn brechen. Da überrascht es nicht, dass das Sportgerät schnell gehackt wurde und nach praktisch jedem Wurf mit Panzertape instandgesetzt werden musste. So gestaltete man in frohlockendem Wettbewerbssinn einen schnöden Arbeitsgegenstand in eine moderne Skulptur.

Auch hier drifteten die Weiten breit auseinander und wieder einmal war es Bär, der seine Bärenmarke am höchsten anbringen konnte.

 

 

Fazit:

Man kann guten Gewissens behaupten, dass Lübecks 12-Kämpfer auf jede Häusliche Auseinandersetzung vorbereitet sind. Man hat sich konzentriert der sportlichen Herausforderung gestellt und nahezu durchweg sauber abgeliefert. Jeder Malus konnte im nächsten Zug von den Athleten heldenhaft ausgeglichen werden, so dass es bis zum Ende spannend blieb. Das zeigt auch die Finale Wertung, welche der Hausrat in arithmetischer Akrebie unwidersprüchlich aufgestellt hat. Verdient gewonnen hat danach (Trommelwirbel) Bär!

Auf den ehrenwerten Rängen zwei und drei finden sich ElPadrino und Laxer wieder.

Alle anderen waren auch sehr, sehr gut.

Kurz: Großartiges Event in fantastischer Lokation mit großen Würfen.

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