Licht aus, Spot an. Das erste Event der dunklen Jahreszeit war ein echtes Highlight – und das gleich im doppelten Sinne. Selten ging es so hoch hinaus und auch emotional so hoch her.
Auf dem Programm stand Bierkistenstapeln. Eine noch junge, aber sehr spektakuläre Disziplin, die zwar von Raab schon diverse Male im TV zelebriert, aber überraschender Weise nicht von ihm erfunden worden war. So ist diese volkstümliche Spielart des Hochstapelns auch auf kommunaler Ebene weit verbreitet, insbesondere bei Feuerwehrfesten zur charmanten Präsentation des sonst eher selten verwendeten, aber höllenteuren Leiterwagens. Zu irgendwas muss der ja schließlich gut sein.
Erwägungen, einen eigenen Leiterwagen anzuschaffen, wurden von Schatzmeister Elkimo schnell beiseite gelächelt. Auch, wenn dies für den 12-Kampf sicher eine zügige Amortisierung dargestellt hätte. Aber alles Argumentieren nützte nichts, und so musste sich das Ausrichter-Duo aus 2015er-Vize Markolo und 2015er-Meister Tea nach Alternativen umschauen. Fündig wurden sie nach einem Tipp aus berufenem Munde, wenn es ums Hochstapeln geht: Rocco ließ das Netzwerk glühen – und siehe da, ausgerechnet die DLRG Timmendorfer Strand wusste am besten, wie man Menschen vor dem Fall ins Bodenlose bewahrt. Mit dem sehr kompetenten Herrn Schröter stellte sie nicht nur das professionelle Klettergeschirr, sondern auch langjährige Bierkistenstapel-Erfahrung über die gesamten vier Stunden des Events zur Verfügung. Großen Dank gebührt Herrn Schröter an dieser Stelle, was von einer Geldspende noch unterstrichen wurde.
Auf diese Weise konnte der Abend komplett ohne Verletzungen über die Bühne gehen. Und auch sonst stimmten die Rahmenbedingungen. Markolo hatte ein sehr schlüssiges Regelwerk mit zwei Durchgängen entworfen, das den gesamten Abend über für jede Menge Spannung und wirklich herausragend gute Stimmung sorgte. Und Tea hatte es mit einer Reise in seine Vergangenheit geschafft, aus der Outdoor-Sportart Bierkistenstapeln ein Indoor-Event zu machen. Ausgerechnet in Teas alter Schulsporthalle – also dort, wo er die Basis für seine Rekordmeisterschaft gelegt hatte – fand er mit Unterstützung durch Hausmeister Steinfeldt eine geschützte, überdachte und gepflegte Sportstätte für helle Momente in dunkle Zeiten, die sicher auch künftig noch hier und dort zum Einsatz kommen wird – spätestens schon beim Zirkeltraining kommenden März.
Auch das Sportgerät, der Bierkasten, war in ausreichender Zahl vorhanden. Gleich 20 Stück der Marke „Beck´s“ bettelten in appetitlicher Aufstellung darum, ihre Stapel- und Standfestigkeit unter Beweis zu stellen. Kurz flammte auf WhatsApp sogar die Diskussion auf, das Bierkistenstapeln erstmals in gefülltem Zustand zu absolvieren. Aber es fand sich außer ElUffo niemand, der Dutzende gefüllte Bierkisten per Hand und Harke in den zweiten und dritten Stock hieven wollte.
Und so konnte das Event nüchtern und pünktlich um 18.30 mit starker Anwesenheit beginnen. Lediglich Limbo und ElPadrino fehlten, während der frischgebackene Papa Rocco (zwölfkämpferischen Glückwunsch an Rosaly auch noch mal an dieser Stelle) später außer der Wertung noch dazu stieß.
Eine entscheidende Rolle besetzte dabei das jüngste Clubmitglieg: „Laxer“, dessen frisch gewählter Kampfname mitnichten auf eine nachlässige Kampfeseinstellung, sondern vielmehr auf seine sportliche Heimat im LaCrosse hindeutet, sorgte den ganzen Abend hindurch für die Seilsicherung der Mitspieler. Es gelang ihm fehlerfrei und sehr präzise – wie es sich für einen ehemaligen Hubschrauberpiloten gehört.
Der erste Durchgang begann ausgerechnet mit Ausrichter Markolo – das Losglück wollte es nicht anders. Und der legte stark vor. In gewohnt präziser Art stemmte Markolo Kiste um Kiste in die Höhe und demonstrierte gleich zu Beginn, dass die 10-Kisten-Marke für den 12-Kampf Lübeck kein Problem darstellen sollte. 11 Kisten hatte er am Ende aufeinander gestülpt als er nach genau drei Minuten lächelnd zurück auf Normalnull einschwebte.
Elkimo, Tier, Bär und Gunman folgten ihm, blieben aber mit jeweils acht Kisten leicht darunter und bewiesen, dass das Körpergewicht nur eine untergeordnete Rolle spielt. Balance und Körpergefühl, so die einhellige Meinung, war das entscheidende Kriterium. Und davon demonstrierten G-Man, ElUffo, Rocket und Laxer eine ganze Menge. Alle vier schafften insgesamt 12 Kisten und lieferten sich damit ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen, dass von einem ambitionierten Mikka um noch eine weitere Kiste übertrumpft wurde. Der zu diesem Zeitpunkt Saison-Gesamtführende hatte sich eine Spezialtaktik ausgesucht, die den Zuschauern schon allein optisch einen Hochgenuss bot: sockfuß, breitbeinig und mit einer GoPro-Kamera auf dem Helm stieg er Kiste um Kiste gen Hallendach. Die spezielle Beinstellung und die damit verbundene eisenharte Spannung in seiner gigantischen Wadenmuskulatur zwang ihn zunehmend in eine starke Zitterhaltung – was die Statik seines Turms und die Spannung für Mikkas direkte Konkurrenten (um die Gesamtführung) in atemberaubender Bewegung hielt. Mikka kam weit. Erst nach 13 Kisten brach sein Turm ein.
Dann wurde es Zeit für den absoluten Topfavoriten. Mit viel Spannung beobachtete die Konkurrenz, wie sich Steini, der Sieger des Freeclimbing-Events von 2014, ins Klettergeschirr schlängelte und dann die ersten Kisten auftürmte. Es folgte eine Demonstration der Stärke. Am Ende standen 14 Kisten übereinander und der Stoned-Doktor hatte sogar noch zehn Sekunden übrig. Niemand hielt es für möglich, dass dies noch zu übertrumpfen war. Doch das war es. Ausgerechnet der amtierende Meister Tea legte noch genau eine Kiste obendrauf und entscheid den ersten Durchgang damit für sich. Dass dieses Ergebnis am Ende nicht mal für einen fünften Platz gereicht hätte, wusste zu diesem Zeitpunkt noch niemand.
Denn zum Glück hatte Markolo klassische Redundanz ins Regelwerk eingebaut: Der schlechtere der beiden Durchgänge wurde gestrichen – und so war zu Beginn des zweiten Durchgangs noch alles offen. Alle bekamen die Möglichkeit, sich zu steigern.
Und (fast) alle nutzten sie. Tier und Gunman steigerten sich um zwei Kisten, Elkimo sogar um drei. Der ehrwürdige Schatzmeister bewies in einem mehr als unterhaltsamen Aufstieg echte Kämpferqualitäten. Schwer geschüttelt von Anspannung und Balance-Impulsen übertraf die Amplitude seiner Muskelkontraktionen wahrscheinlich sogar die großen Beben von San Francisco 1906 und Tokio 1923. Um so erstaunlicher, dass sein Turm hielt. Mit breitem Grinsen ließ er sich am Ende unter frenetischem Szenenapplaus von einem 11 Kisten hohen Stapel fallen. Es war einer der absoluten Höhepunkte des Abends.
Damit zog Elkimo mit Bär gleich, der im zweiten Anlauf ebenfalls 11 Kisten schaffte und dabei noch den Großzügigkeitsrekord des Abends aufstellte: Satte 81 Sekunden Restzeit ließ er verfallen.
Hier zeigte sich Mikka deutlich sparsamer, nur vier Sekunden blieben am Ende für ihn auf der Uhr stehen, als er genau wie im ersten Durchgang 13 Kisten übereinander hatte – was ihm am Ende einen nur wenig zufrieden stellenden 8. Rang und damit den Sturz von Platz 1 auf Platz 3 in der Saisonwertung bescherte. Denn bei nahezu allen Konkurrenten setzte im zweiten Durchgang eine regelrechte Leistungsexplosion ein: Rocket schaffte 14 Kisten, während Laxer, G-Man und Markolo sich sogar auf 15 Kisten in die Höhe stemmten – und damit, weil schneller, sogar die Topmarke von Tea aus dem ersten Lauf pulverisierten. Die Spannung stieg ins ins Unermessliche. Waren 16 Kisten möglich? Wenn ja, von wem? Drei waren noch übrig. ElUffo, Steini und Tea. Alle drei hatten das Potential, ganz nach oben zu kommen und schon im ersten Durchgang gezeigt, dass sie sich mit der Bierkiste in der Hand auf sicherem Terrain bewegen können.
Und tatsächlich, sowohl Steini als auch ElUffo schafften es, die 16. Kiste unter sich zu platzieren. Und als ob es nicht schon spannend genug gewesen wäre: beide benötigten auch noch exakt die gleich Zeit. Bei beiden blieben 17 Sekunden übrig. Am Ende musste ein Stechen auf einer wackeligen Turnmatte die Entscheidung bringen. Hier setzte sich Steini durch. Und beide hatten damit zumindest die Plätze 2 und 3 schon sicher. Alles hing jetzt von Teas letztem Versuch ab. Konnte sich der Rekordmeister des Weltmeisters ebenfalls noch einmal steigern?
Er konnte. Und stand als einziger an diesem Abend auf einem 17-Kisten-Turm (4,68 m), der, wie Tea dort oben feststellte, wegen der Seilanbringung, die absolute Höchstgrenze war.
Die Gesamtrangliste der neuen Saison ist durch das Ergebnis stark durcheinander gewürfelt, Tea klettert mit seinem Sieg zugleich auch auf den ersten Rang. „12-Kampf is coming home!“, so sein Jubel als er den Pokal freudestrahlend in den verregneten Nachthimmel über der Ostsee streckte. Dass sich dies aber schon bald wieder ändern wird, daran lassen G-Man, Mikka, ElUffo und Steini keine Zweifel. Beim Beer-Pong jedenfalls gelten andere Regeln als beim Beer-Kistenstapeln. Auch wenn beide ähnlich heißen.
tea
Rang |
Name |
Kisten |
Restzeit /Sek.) |
|
1 |
Tea |
17 |
12 |
|
2 |
Steini |
16 |
17 |
n.St. |
3 |
ElUffo |
16 |
17 |
n.St. |
4 |
Markolo |
15 |
6 |
|
5 |
G-Man |
15 |
5 |
|
6 |
Laxer |
15 |
3 |
|
7 |
Rocket |
14 |
36 |
|
8 |
Mikka |
13 |
32 |
|
9 |
Bär |
11 |
81 |
|
10 |
Elkimo |
11 |
0 |
|
11 |
Gunman |
10 |
66 |
|
12 |
Tier |
10 |
35 |